ERSTE SZENE

Ghicchos Haus. Ghiccho und Manna spielen einen zweistimmigen Satz. Ghiccho bläst die Flöte, Manna zupft die Harfe. Sie werfen einander verliebte Blicke zu. Nach einer Weile wirft sich Ghiccho Manna um den Hals.

GHICCHO: Wie herrlich, Manna, ist das Spiel zu zweit! Wie herrlich!
Früher, bei dem Vater, musste ich einsam präludieren! Nicht zu vergleichen!

MANNA: (schamhaft) Ich spiele auch sehr gern mit dir, Gherardo.

CHICCHO: Ich heiße doch Ghiccho!

MANNA: Ghiccho! Ghiccho!

Sie küssen sich

CHICCHO: Gut! Spielen wir weiter!

Sie setzen das Spiel fort. Nach einer Weile steht Manna auf, sie legt sich auf das Bett, sie hustet etwas, und nun zieht sie ein in Windeln gewickeltes Baby aus dem Mund. Sie horcht, putzt sich das linke Ohr und zieht daraus ein zweites Baby hervor, aus dem rechten Ohr ein drittes. Während der Geburt hat Ghiccho weitergeblasen.

MANNA: Ghiccho! Ghiccho! Schau!

Sie streckt Ghiccho die Babies entgegen. Dieser geht freundlich, aber nicht sehr beeindruckt auf sie zu. Er beschnuppert seine Kinder. Manna drückt ihm ein Baby in die Hand.

MANNA: Dein Ebenbild!

Ghiccho wirft das Baby wie einen Ball in die Luft, fängt es geschickt wieder auf. Er nimmt auch das zweite und dritte Baby und vollführt mit ihnen eine virtuose Zirkus-Nummer.

GHICCHO: Aus denen werden noch herrliche Akrobaten!

MANNA: Gherardo! Die Kinder in den Zirkus? Nein! Sie sollen es besser haben!

GHICCHO: Warum denn? Herrn Paragones Zirkus ist weltberühmt!
Und ich würde dort als Künstler mit einer tollkühnen Darbietung für vier Personen viel mehr verdienen können als allein mit meinem Flötenspiel!

MANNA: Da kannst du allerdings Recht haben. Wenn die Kinder da sind, können wir nicht immer nur Nudeln essen!

....

 

GHICCHO: Manna! Unsere Kinder haben Talent! Nur weiter! Weiter! Ich mache mit euch ein singendes Ensemble! Singende Akrobaten! Und die machina versatilis mit verzehnfachten Drehungen dazu! So was hat es noch nie gegeben! Ihr werdet unserer Familie auf die Beine helfen!

Die Kinder schauen sich sauer an und hören nach und nach auf. Die Eltern spielen weiter.

FINK: (zu Balthasar) "Unserer Familie auf die Beine helfen." Das sind Ideen!

FLINK: Die treiben es ruhig weiter, und wir sollen alles auslöffeln!

BALTHASAR: Bei jeder Neugeburt kriegen die fünfzehn Blaue!

FLINK: Daraus machen die dann ihre blöde Weltreise!

BALTHASAR: Das täte ihnen passen: Wir fressen immer die Nudeln und die beiden auf einem Luxusschiff! Das mache ich nicht mit!

Balthasar klettert auf den Herd und stößt den Kochtopf herunter. Nudeln bedecken den Boden. Die Eltern schrecken auf. Ghiccho liest die Nudeln Stück für Stück vom Boden auf.

GHICCHO: (vergnügt) Die werden es zu etwas bringen.

MANNA: (stolz) So vitale Kinder! Balthasar kriegt schon die ersten Manschettenknöpfe! Fink auch!

GHICCHO: Frühreife! Andere Kinder in dem Alter machen noch Trikete-Trakete!

MANNA: Frühreife ist sehr gut für Zirkusakrobatik! Hab‘ ich beim Zahnarzt gelesen.

GHICCHO: So ist es. Und beim nächsten Nachwuchs schaffen wir die machina versatilis wirklich an! Hier ist der Prospekt. Am Ende werden wir reich.

Ghiccho wäscht die Nudeln und setzt sie dann wieder auf den Herd. Manna überhört die machina versatilis und übersieht den Prospekt, betrachtet aber das Tun Ghicchos mit den Nudeln mit Wohlgefallen.

....

GHICCHO: Siehst du. Komm, wir spielen weiter!

Ghiccho und Manna spielen, die Kinder halten sich die Ohren zu.

FINK: Nicht auszuhalten!

FLINK: Das wird ein schönes Leben sein!

BALTHASAR: Kommt mit! Ich hab es!

Balthasar und seine Brüder werfen den Herd um. Mannas Kleid fängt Feuer, Ghiccho reißt es ihr vom Leibe. Die Kinder ergreifen die Flucht. Ghiccho trägt die dreimal so große Manna in den Garten und legt sie, die in Ohnmacht Gefallene, auf ein Blumenbeet. Er kehrt ins Haus zurück und bekämpft den Brand.

Allein die Harfe ist nicht mehr zu retten.

Ghiccho beweint die Harfe, dann fängt er an zu singen, wie er es bei ähnlichen Gelegenheiten gehört hat:

GHICCHO: "Requiem aeternam … lux perpetuum mobi, … nein! Luceat ei mei eia meia … tollis peccata mundi … tantum ergo … Amen."